Rede des Oberbürgermeisters Andreas Henke (DIE LINKE) anlässlich des Neujahrsempfanges der Stadt Halberstadt

Andreas Henke

Einen Rückblick auf das vergangene Jahr sowie einen Ausblick auf das Jahr 2009 gab Halberstadts Oberbürgermeister Andreas Henke (DIE LINKE) anlässlich des Neujahrsempfangs der Stadt am 9. Januar 2009:

Wer kennt sie nicht, die derben Sprüche Martin Luthers: "Tritt frisch auf, tu`s Maul auf, hör bald auf" empfahl er und verwies auf die noch heute geltende Macht der Kürze.

Das neue Jahr ist noch nicht richtig in Schwung gekommen, das alte steckt noch in den Köpfen, schließlich gab es viele prägende Ereignisse, an die wir uns gern erinnern.

Doch erwarten Sie keinen alles umfassenden Jahresrückblick, den bieten namhafte Fernsehsender mindestens seit Dezember des Vorjahres, und selbst für den lokalen Rückblick hat die Volksstimme im "Halberstädter Tageblatt" eine ansprechende, anschauliche und inhaltsreiche Darstellung gewählt. Was bleibt also noch zu erwähnen, was Sie nicht längst schon wissen.

So werden sie, sehr geehrte Mitglieder des Bundes-, Land- und Kreistages, des Stadtrates, werden Sie, sehr verehrte Frau Ministerin Prof. Kolb, Sie, sehr geehrter Herr Landrat Dr. Ermrich, Sie, sehr geehrte Amtskollegen, Herr Dr. Brecht und Herr Gaffert, liebe Gäste es also angenehm empfinden, wenn mehr Zeit für Gespräche bleibt, zu denen ich Sie aus Anlass des Neujahrsempfanges der Stadt Halberstadt herzlich willkommen heiße.'
Ich freue mich sehr, dass Sie da sind.

Denkwürdiges, Herr Dr. Bürger hat es bereits unterstrichen, wie der enorme touristische Zulauf nach der Neueröffnung des Domschatzes, die Silbermedaille im Bundeswettbewerb Entente Florale, der schönste Hausgarten Deutschlands in unserer Stadt, der Guiness-Buch-Eintrag mit dem ältesten Riesenweinfass, der Große Zapfenstreich und die Formation zum größten Spielmannszug anlässlich des 10jährigen Bestehens des Spielmannszuges Harsleben, die Orchesterwerkstatt für junge Komponisten, die vielen Aufführungen des Ensembles unseres Nordharzer Städtebundtheaters, das Gemeinschaftskonzert mit der Kreismusikschule, das erste Sommerkonzert des Jugendblasorchesters, das erneut Deutscher Meister wurde und somit erstmals den Titel in dem neuen Harzkreis holte, zahlreiche Feste, die das kulturelle Leben bereicherten:

das erste Parkfest in den Spiegelsbergen, das Tiergartenfest, das Siedlerfest wie auch das Stadtteilfest Grüne Mitte, die Domfestspiele, das Bummisportfest für die Kleinen, das Integrative Nordharzer Sportfest, das Hoffest zum 125jährigen Bestehen der Halberstädter Würstchen, das große Fest zum 10jährigen Bestehen des Stadtzentrums und der Rathauspassage, das CIOFF Folklorefestival, die erste Woche der Senioren des Harzlandkreises, die Besuche ehemaliger jüdischer Mitbürger aus Israel, immer mehr Besucher bei den Veranstaltungen zum Klangwechsel beim John-Cage-Orgelprojekt, Altstadtfest und Weihnachtsmarkt, Weihnachten in den Höfen, anspruchvolle Konzerte in der Reihe "Sunde der Musik",

wie ebenso anspruchs- und niveauvolle Ausstellungen und Veranstaltungen in den Museen der Stadt, dem Gleimhaus, der Moses-Mendelssohn-Akademie, ich darf erinnern an die Sonderausstellung "Das Domkapitel - 1000 Jahre Machtfaktor, mittelalterliche Glasmalerei am Dom", "10 Jahre Stadtzentrum", die Gleimliteraturpreisverleihung für Schüler, Künstler der Region mit Ausstellungen in der Martinikirche, der Liebfrauenkirche,

Kulturwelten in Halberstadt - eine Gemeinschaftsveranstaltung der Akademie der Künste, dem BürgerBündnis und dem Theater gegen Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Intoleranz, die Einweihung des Denkortes auf dem ehemaligen Synagogengrundstück zum 70. Jahrestag der Pogromnacht, die dazu korrespondierenden Landesveranstaltungen der Landesregierung und der Landeszentrale für politische Bildung im Theater bzw. im Tagungszentrum "Villa Heine",

die neue Ausstellungsreihe "der 3. Raum" in der Galerie im Kunsthof - eine Präsentation zeitgenössischer Werke mit Unterstützung der Kunststiftung des Landes,

sehenswerte und erlebnisreiche Sportwettkämpfe haben das Sportleben 2008 bereichert:
- die Landesmeisterschaften im Tennis, im Luftdruckschießen, im Judo,
- die Spiele unserer Oberliga-Fußballer, Handballer, die Wettkämpfe der Kegler, Schwimmer, der Kampfsportler im Judo, Karate und Boxen
- das gute Abschneiden unserer Leichtathletikmänner in der Bundes-Liga, nur ein Beispiel für erfolgreiche Teilnahme Halberstädter Sportler an Landes- Regional- Deutsche- und Europameisterschaften - Leistungen die zur Sportgala des Kreissportbundes bzw. zum Empfang der Stadt entsprechende Würdigung erfahren haben.
- Nachdem die AOK mit ihrem Nordic-Walking-Act, die DAK mit ihrem Städtewettkampf viele sportbegeisterte Halberstädetr bewegt haben, wird in diesem Jahr nun auch die Barmer mit ihrer bundesweiten Tour "Deutschland bewegt sich" in Halberstadt Station machen.
- Feste Größen im Sportkalender wie der Fußball-Firmen-Cup der jungen Wirtschaft Harz, das Turnier der Tausend der Sportjugend, der Gesundheitstag im FSZ, der Beach-Volleyball des Volleyball-Clubs im Zentrum Halberstadts oder das traditionelle Weihnachtsturnen, wie auch die Kinder- und Jugendschachtage sind nicht mehr wegzudenken.
Diese Aufzählung ließe sich noch fortsetzen, aber ich muss mich an mein Eingangs gegebenes Versprechen halten.

Warum habe ich all das erwähnt?

Nun, meine sehr verehrten Gäste - wer das Leben in unserer Stadt aufmerksam verfolgt, aktiv begleitet, Angebote nutzt oder mit gestaltet wird zustimmen können:

Halberstadt verändert sich, Halberstadt ist lebhaft, lebendig und vor allem lebenswert, eben zu recht ein Ort der Vielfalt. Diese Auszeichnung, dieses Attribut gilt es zu bewahren, mehr noch: immer neu mit Leben zu füllen. Das ist uns gemeinsam im vergangenen Jahr gut gelungen und hat uns in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich nach vorn gebracht. Es sind vor allem engagierte Bürgerinnen, Bürger, unternehmen der Wirtschaft, Vereine, Schulen, Kirchen, die sich immer wieder einbringen, mit Ideen, Geld und persönlichem Einsatz das Bemühen von Politik/Verwaltung unterstützen, Halberstadt zukunftsfähig zu gestalten. Dafür darf ich Ihnen allen herzlich danken und gleichsam bitten, in dieser Verbundenheit mit Ihrer Stadt nicht nachzulassen! Halberstadt zukunftsfähig zu machen, ist angesichts unserer städtischen Finanzlage und demografischer Trends eine der größten Herausforderungen dieses und folgender Jahre. Ganzheitliche Stadtentwicklung in allen Lebensbereichen so voranzubringen, dass sich alle in der Stadt lebenden Generationen in der Berücksichtigung ihrer Interessen wiederfinden können, muss elementarer Ausgangspunkt der Politik sein.

Das hat die Arbeitsgruppe "Leitbild - Halberstadt 2020" auch erkannt. Ich bin sehr froh, dass nach einem Jahr intensiver Arbeit als Ergebnis ein Leitbild im Entwurf vorliegt. Vertreter der Ratsfraktionen, der Verwaltung und hinzugezogener sachkundiger Bürger aus Organisationen, Vereinen und der Wirtschaft haben unterschiedliche Themenkomplexe diskutiert und thesenhaft zusammengestellt. Der Entwurf liegt den Fraktionen vor und soll zeitnah neben der Diskussion und Verabschiedung im Rat in angemessener Form kommuniziert werden.

Ein Leitbild ist natürlich nur so gut, wie es auch eine adäquate reelle Form der Umsetzung finden kann. Hier braucht es Zutun vieler Akteure in der Verwaltung, der Wirtschaft, im Bürgerengagement und in der Politik auf lokaler Ebene wie in der Landespolitik.

Halberstadt hat sich städtebaulich gut entwickelt, hat sein wirtschaftliches Profil geschärft, ist eine moderne Stadt mit reichem Kulturangebot, ein ausgeprägter Ort für Dienstleistungen, Handel und Verwaltung, ist als Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion Kreisstadt geworden. In diesem Zusammenhang, Herr Landrat, freue ich mich über Ihre Ankündigung, mittelfristig die Verwaltung in Halberstadt zu konzentrieren, und darf Ihnen an dieser Stelle auch für die gute persönliche Zusammenarbeit als auch das Zusammenwirken beider Behörden danken.

Gleiches gilt auch für die Unterstützung Halberstädter Projekte auf Landesebene insbesondere durch das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, das Ministerium für Bau und Verkehr, das Innenministerium sowie durch die Institutionen Investitions- und Marketinggesellschaft, Investitionsbank und das Büro der IBA und der IHK und der KfW.

Gleichwohl komme ich nicht umhin, auch deutliche Kritik zu formulieren. Der im ersten Entwurf des Landesentwicklungsplanes vorgesehene Wegfall der dezentralen Teilfunktion muss zurückgenommen werden. Die Bedeutung Halberstadts mit dem Angebot an Gewerbe- und Industrieflächen, der gestiegenen Wirtschaftskraft, der zentralen Position im Einzelhandel, der vielfältigen Verwaltungsfunktionen, dem umfangreichen Angebot auf dem Dienstleistungssektor, an Kultur, Freizeit, Bildung, bis hin zur sozialen und medizinischen Versorgung durch ambulante Praxen, Pflegeeinrichtungen und der stationären Leistung im Schwerpunktklinikum AMEOS. Diese Versorgungsfunktionen für den Harzkreis und südwestlichen Teil Sachsen-Anhalts in irgendeiner form in Frage zu stellen, hieße nicht nur, Halberstadt zu schwächen, sondern ebenso die Entwicklung des Harzkreises. Das kann raumordnerisch wie auch unter landesplanerischen Aspekten nicht gewollt sein. Das verbinde ich mit einer eindringlichen Bitte an die Landespolitiker, uns hierbei zur Seite zu stehen.

Ebenso deutlich möchte ich unserer Erwartung Nachdruck verleihen, auch die Dienststelle der Staatsanwaltschaft auf Dauer in Halberstadt behalten zu können.
Wirksames Bekämpfen von Kriminalität, Gewalt und Rechtsradikalismus ist nicht nur ein Grundanspruch der Bürgerinnen und Bürger, es verlangt auch ein schnelles und abgestimmtes Zusammenspiel von Polizei, Staatsanwaltschaft und den Verwaltungsbehörden vor Ort.
So hoffe ich, dass Sie, sehr geehrte Frau Ministerin prof. Kolb, aus dem Makel, der seit jüngstem der Polizeistrukturreform anhaftet, die richtigen und notwendigen Schlüsse ziehen.
Auch hier möchte ich nicht enden, ohne den Vertretern der Polizeiführung, der Staatsanwaltschaft und des BürgerBündnisses für ihre Bemühungen für nachhaltige Prävention dank zu sagen.
Bedauerlich ist auch, dass nach der Kreisgebietsreform offensichtlich die einstmals angekündigte Funktionalreform ausbleibt, was Politik weder einleuchtender, noch glaubhafter macht. Im Zuge weiterer Zentralitätsbemühungen des Landes könnte hiervon auch der Halberstädter Standort für Gewerbeaufsicht des Landesamtes für Verbraucherschutz betroffen sein. In diesem Fall auch hier unsere klare Forderung, die Behörde vor Ort zu belassen als Landesdezernat oder Integration in die Kreisverwaltung.

Meine sehr verehrte Damen und Herrn, liebe Gäste,
Sie sehen, es mangelt nicht an Themen, die uns berühren, deren Voranbringen aber auch ungemein wichtig für die Kreisstadt und für die Region ist. So fällt es zunehmend schwerer, den selbst gesteckten Zeitrahmen einzuhalten, zumal mir noch zwei bis drei Dinge anzusprechen, wichtig sind.
Die Halberstädter Wirtschaft hat sich 2008 positiv entwickelt, ablesbar an den Arbeitsmarktzahlen im Vergleich zu den Vorjahren. Wichtige Unternehmen haben sich stabilisiert mit neuen Aufträgen, haben beachtlich investiert wie z.B. die Firmen Novoplast, Halberstädter technische Werkstätten, die mechanische Werkstätten Anhalt GmbH, die neue Maschinenbau, die Befer GmbH, die Verkehrs Industrie Systeme, die Firma Harzlack bzw. Panadur, das AMEOS-Klinikum, die Würth-Niederlassung, der Edeka- und Madiamarkt, die Sicherheitsservice Halberstadt GmbH oder auch die Securlog - die Nachfolger von Heros bzw. WSW. Jüngste Gespräche in beiden Unternehmen der Sicherheitsdienstleistung haben weiteres Wachsen im Arbeitskräftevolumen verdeutlicht.

Andere Firmen folgen - die Adamus GmbH, die Ammapharm GmbH. Das Unternehmerbüro und die Stadtplanung arbeiten eng mit anderen Bereichen der Verwaltung und den Halberstadtwerken an der Vorbereitung weiterer Investitionen. Der bisher erreichte Gesprächsstand gibt berechtigten Anlass zu positiven Ausblicken. Der Eigenbetrieb und die städtischen Unternehmen sind wirtschaftlich gut aufgestellt. Die HaWoGe modernisiert und saniert fortlaufend ihre Bestände - jüngste Beispiele in den Wohnungen der Becker-, Klewitzstraße und Finckehof. Die Stadtwerke sind ein vitaler und leistungsstarker Partner für die Energieversorgung geworden, ebenso wie die AWH, die HVG, das FSZ und die STALA verlässliche Partner der örtlichen Kommunalwirtschaft sind. Nicht zu vergessen, die solvente NOSA GmbH, die mit Projekten Harzhof, Bahnhofssanierung und Erneuerung von Gleisanlagen und Haltestellen der Straßenbahn oder dem geplanten Domforum sich auch 2009 als Infrastrukturgesellschaft der Stadt erweist.

Das sind gute Ausgangssituationen für weitere erfolgversprechende Stadtentwicklung, die eng verzahnt mit Wirtschaftsförderung und Haushaltssanierung ist.

Letzteres bleibt eine Hauptaufgabe für 2009. Nachdem meine Anregung zum Wohnungsverkauf auf Ablehnung gestoßen ist, habe ich die Beschlusslage im Rat akzeptiert - das gehört zu demokratischen Geflogenheiten. Nun stehen Rat und Verwaltung gemeinsam vor der Aufgabe, nach anderen Wegen zu suchen. Zukunftsfähigkeit bedingt in erster Linie eine finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt. In der Hoffnung, dass sich Politik und Verwaltung auf diesen kleinsten, aber wohl wichtigsten gemeinsamen Nenner wiederfinden, möchte ich mit einem Shakespeare-Zitat aus der Welt des Theaters schließen: (Hamlet, 3. Akt, 3. Szene) "Vielleicht wird alles gut!"