Ballenstedt und der Todesmarsch im April 1945

Dr. Ludwig Einicke

...war der Titel einer öffentlichen Veranstaltung am Vorabend des Tages der Befreiung von Faschismus und Krieg, am 8. Mai.

Genau an diesem Tag vor nunmehr 73 Jahren unterzeichnete die deutsche Regierung in der Person des Hitler-Vertreters, Admiral Dönitz, vor den Vertretern der Alliierten Armeen in Berlin-Karlshorst die offizielle Kapitulationsurkunde. Die wohl grausamste Diktatur der Menschheitsgeschichte und deren menschenverachtende Politik eines alles „Undeutsche“ vernichtenden weltumspannenden Krieges fand endlich ein Ende. Wer zählt die Opfer…? Sicher ist nur, dass es viele ...zig Millionen waren, die dieser Wahnsinn kostete. Eine unvorstellbare Zahl, deren Ausgangspunkt Deutschland im Jahre 1933 war. Die Errichtung einer Tötungseinrichtungen in Form von Konzentrationslagern in Deutschland und ganz Europa war nur ein „Meilenstein“ auf diesem Weg. Der totale Vernichtungskrieg hinterließ vor allem in den Staaten der damaligen Sowjetunion und dann in den besetzten Gebieten in ganz Europa eine Spur der totalen Auslöschung allen Lebens.

Der Krieg kehrte in den Jahren 1944/45 in sein Ausgangsland Deutschland zurück und hinterließ auch hier Trümmer und unzählige menschliche Opfer.

Die Bundesrepublik Deutschland brauchte 40 Jahre (!), um durch den dam. Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8.Mai 1985 im Bundestag verkünden zu lassen, dass dieser Tag mit Recht als ein „Tag der Befreiung vom menschenverachtenden Sytem der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ in die Geschichte eingehen wird, nicht als ein Tag der Niederlage für die Deutschen.

Auch unsere Stadt Ballenstedt hatte noch kurz vor dem Ende des Krieges, in den Tagen des April 1945, die Folgen dieser NS-Diktatur zu spüren bekommen. Bomben und Granaten richteten auch hier unter der Zivilbevölkerung Schäden an, die über viele Jahre danach spürbar sind. Nicht wenige Bewohner unserer Stadt nahmen mit großen Entsetzen die Kolonnen geschundener, abgemagerter, dem Tode geweihter Kreaturen zur Kenntnis, die in „letzter Minute“ auf sog. Evakuierungsmürsche getrieben wurden, um möglichst wenig Spuren der Unmenschlichkeit des NS-Regimes zu hinterlassen. Und da waren Menschen auch in unserer Stadt, denen das Menschsein auch in diesen Jahren nicht abhanden gekommen war und die sich der „schweren Erbschaft“, die die Generation der 30er Jahre hinterlassen hat, damals sicher noch unbewußt verpflichtet fühlten. Sie stellten sich den Bewachern in den Weg oder versuchten hinter deren Rücken dem klagenden Ruf der Häftlinge aus dem KZ Langenstein-Zwieberge nach Wasser oder Brot nachzukommen. Das war mutig. Manch eine Mutter, die vielleicht ihren Mann oder Sohn noch im Krieg wußte, konnte sich den Schlägen der Bewacher oder deren drohenden Blicken nicht entziehen.

Einige der auf diesem Marsch ermordeten Häftlinge wurden – manche erst nach Wochen – hier in unserer Region, so auch in Rieder, in Ballenstedt und Opperode, in Badeborn und Radisleben später beerdigt. Ihre Gräber sind heute in einem sehr unterschiedlichen äußeren Zustand und bedürfen der dringenden Pflege durch die Ortsverwaltungen und ehrenamtlichen Helfer.

Das alles war Diskussionsthema in der Veranstaltung am 7.Mai im Stadtmuseum, an dem sich auch aus unserer Stadt z.B. Frau Lochefeld, Herr Stratmann, Herr Schulze, Herr Kramer aus eigenem Erleben beteiligten. Aus allen Beiträgen sprach der dringende Appell an die heutige Generation, die Erinnerung an diese Tage für immer wach zu halten. 

Dank den Mutigen, den Entschlossenen in einer Zeit größter Gefahren für das eigene Leben!